Neue IFG-Eckpunkte bringen Informationsfreiheit auf Sparflamme
Das Bündnis für Informationsfreiheit in Baden-Württemberg kritisiert die vergangene Woche von den Regierungsfraktionen vorgelegten Eckpunkte zu einem Informationsfreiheitsgesetz als zu zögerlich. „Mit diesen Eckpunkten bekommen wir in Baden-Württemberg Informationsfreiheit auf Sparflamme“, befürchtet Dr. Sven Berger von der Deutschen Gesellschaft für Informationsfreiheit. Das zivilgesellschaftliche Bündnis fordert kostenfreie Informationsauskünfte zumindest bei einfachen Anfragen und eine Abwägungsklausel bei Informationsanfragen, die geistiges Eigentum und Geschäftsgeheimnisse betreffen. Dann könnten auch in diesen Fällen angefragte Informationen zur Veröffentlichung freigegeben werden, wenn das öffentliche Interesse überwiegt.
„Nachdem wir jahrelang eines der letzten fünf Bundesländer ohne Informationsfreiheitsgesetz waren, werden wir mit den nun vorgelegten Eckpunkten im bundesweiten Vergleich im Mittelfeld landen“, so Sarah Händel vom Verein Mehr Demokratie e.V. Die Informationsfreiheitsgesetze vieler anderer Bundesländer garantierten den Bürgerinnen und Bürgern besseren und leichteren Zugriff auf Informationen, die bei der Verwaltung in den Kommunen und im Land vorlägen.
„Ausgerechnet eine Landesregierung, die mit dem Versprechen von mehr Transparenz und Bürgernähe ins Amt gewählt wurde, kündigt jetzt einen Start in die Informationsfreiheit mit angezogener Handbremse an“, kritisiert Dr. Manfred Redelfs von der Journalistenorganisation Netzwerk Recherche e.V. So passe es auch ins Bild, dass das Gesetz in Baden-Württemberg eine in anderen Bundesländern und beim Bund unübliche „Missbrauchsklausel“ enthalten solle. Dies berge die Gefahr, dass sich die Verwaltung pauschal unliebsamen Fragen entziehe. „Die Ausnahmen vom Grundsatz der Transparenz müssen inhaltlich begründet sein, nicht durch Generalklauseln“, so Redelfs.
Ein kritischer Punkt ist auch die Kostenfrage. „Nicht einmal einfache Anfragen sollen für die Bürger kostenfrei sein“, kritisiert Dr. Heike Mayer von Transparency Deutschland. „Aus Erfahrungen anderer Länder wissen wir, dass die meisten Anfragen auf kommunaler Ebene gestellt werden. Den Kommunen soll volle Kostendeckung bei der Gebührenerhebung ermöglicht werden – da ist es vorherzusehen, dass die Bürger abgeschreckt werden, ihr Recht auf Information wahrzunehmen.“
Positiv hervorzuheben sei, dass auch Unternehmen der öffentlichen Hand, soweit sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, wie zum Beispiel die Flughafen Stuttgart GmbH, unter die Auskunftspflicht fallen sollen. Dass eine fehlende Abwägungsklausel bei Geschäftsgeheimnissen es jedoch leicht mache, Informationsanfragen zu diesen staatlich-privat organisierten Gesellschaften abzuweisen, sei vorhersehbar. Auch in der vom Bundestag in Auftrag gegebenen Auswertung des Bundesinformationsfreiheitsgesetzes werde deswegen zu einer Abwägungsklausel geraten.
Wieso Banken, die Selbstverwaltungsorganisationen der Wirtschaft (IHKs) oder der freien Berufe ebenso wie die öffentlich-rechtlich Rundfunkanstalten von vornherein von jeder Verpflichtung, Auskunft zu geben, freigesprochen werden sollen, ist für das Bündnis nicht nachvollziehbar.
Das Bündnis für Informationsfreiheit Baden-Württemberg hat sich zum Ziel gesetzt, für ein modernes, bürgerfreundliches und unbürokratisches Informationsfreiheitsgesetz für Baden-Württemberg zu werben. Baden-Württemberg soll dadurch als moderner Industrie- und Dienstleistungsstandort in Europa in Fragen transparenter Regierung auf europäisches Niveau aufschließen.
Um dieses Ziel zu unterstützen, haben sich der baden-württembergische Landesverband des Deutschen Journalisten-Verbandes, Netzwerk Recherche e.V., Transparency International Deutschland e.V., ver.di Fachgruppe Medien Baden-Württemberg, Mehr Demokratie e.V. Landesverband Baden-Württemberg und die Deutsche Gesellschaft für Informationsfreiheit zusammengeschlossen.